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Vor einiger Zeit machten der Benny und ich uns auf den Weg nach Kiel. Der Kevin war dort an der Ostsee auf Reha. Ich berichtete ja bereits öfter über seine Krankheitsgeschichte. Benny und ich entschlossen uns mit dem Zug statt mit dem Auto zu fahren, weil wir dachten, dass es wesentlich entspannter sein würde.
Der Hinweg war in der Tat sehr entspannt. Ich konnte die Fahrt gut nutzen, um ein wenig zu arbeiten. Angekommen in Kiel freuten wir uns, den Kevin wiederzusehen. Er brachte uns erstmal ins Hotel, damit wir einchecken konnten. Wir hatten wirklich schöne Zimmer. Nur ein bisschen kalt war mir in der Nacht.
Anschließend gingen wir lecker essen und bummelten dann ein bisschen durch ein riesen Einkaufscenter. Zumindest fand ich es groß im Vergleich zu dem, was wir in Wolfsburg gewohnt sind. Dort gab es einige Läden, die wir in Wolfsburg nicht haben. Plötzlich sprang mich jemand an, der unbedingt mit nach Hause wollte. Ich verliebte mich sofort in ihn und er „liebt Umarmungen“. =)
Abends suchten wir noch eine Cocktailbar auf, da wir sehr gerne Cocktails trinken. Gelandet sind wir im Barfuss. Eine unglaublich coole und schöne Location. Dort gab es riesige Liegewiesen. Man zog die Schuhe aus und konnte richtig entspannt chillen. Die Cocktails waren mit die besten, die ich je in einer Bar getrunken habe. Also sehr empfehlenswert!
Der nächste Tag
Am nächsten Morgen besuchten wir noch die Leuchtfeuer-Gemeinde in Eutin. Wieder mal cool gewesen, dort gewesen zu sein. Ein kleiner Abstecher zum Strand musste dann auch noch sein, wobei das Wetter nicht das optimalste war. Dann schauten wir uns noch die Rehaklinik vom Kevin an und wie er dort so seine Tage verbringt. Anschließend stand auch schon der Abschied bevor. Es war ein wirklich schönes Wochenende bis dahin.
Wer jetzt denkt: „Wozu erzählt sie das alles? Die Überschrift passt doch gar nicht und was hat das mit Gott zu tun?“ Der darf jetzt aufpassen!
Die Evakuierung
Unser Zug sollte um 18:38 Uhr Richtung Hamburg starten. Bereits hier fuhren wir schon mit 10 min. Verspätung los. Aber wir sollten 20 min. Aufenthalt in Hamburg haben, also blieben wir noch recht ruhig. Die Fahrt war recht entspannt und man konnte ein bisschen die Augen schließen. Angekommen in Hamburg, stiegen wir um, Richtung Hannover. Erster Halt war Lüneburg. Anschließend sollte es nach Uelzen gehen, aber dort kamen wir nie an…
Denn kurz nach Lüneburg legte der ICE plötzlich eine Vollbremsung ein. „In der Regel fahre ich so selten Zug und dann fahre ich mal und es passiert gleich sowas“, dachte ich mir. Es drückte mich so krass in den Sitz und in mir machte sich Panik breit. Auf einmal standen wir mitten im Nirgendwo. Die erste Durchsage beruhigte mich auch nicht wirklich, die in etwa so klang: „Ich bin zwar ein erfahrener Fahrer, aber ich weiß zur Zeit nicht, warum der Zug steht. Bitte haben Sie Geduld!“
Ich dachte nur: „Wir werden unseren Anschlusszug in Hannover nicht bekommen – was dann?“ Ich war sehr aufgelöst. Wir konnten nur warten…
Wir saßen in so einem Ruheabteil mit sechs Sitzplätzen. Mit uns saßen darin noch zwei Leute. Es ist schon ungewöhnlich. In der Regel sitzt man im Zug oder im Bus und schweigt sich an. Unsere Situation förderte aber irgendwie die Gemeinschaft im Abteil. Man fing an, sich kennen zu lernen, half sich gegenseitig und sprach sich Mut zu. Ich konnte Zeugnis geben und von meiner Arbeit erzählen. =)
Die Durchsagen häuften sich à la „30 Minuten Verspätung“, „60 Minuten Verspätung“, „90 Minuten Verspätung“ etc. Irgendwann kam die Information, dass unser Zug mit einem Baum kollidiert war. Planmäßig sollten wir um 22.43 Uhr in Wolfsburg ankommen. Und ja, um diese Zeit saßen wir immer noch in dem Zug.
Irgendwann trudelten rund 5 Feuerwehrwagen und 1 Krankenwagen ein. Man wusste nie so richtig, was als nächstes passiert. Während wir dort so saßen, kippte wohl hinter uns und neben uns auch ein Baum um. Dadurch, dass sich Fenster und Türen nicht öffnen ließen, merkte man, wie stickig es wurde. Jede Stunde mehr in diesem Zug, wurde der Sauerstoff weniger und meine Kopfschmerzen stärker. Auch mein Kreislauf verabschiedete sich immer mehr.
Um den Zug erden zu können, wurde nach einiger Zeit der Strom abgestellt. Das heißt, wir hatten nur noch Notstrom und saßen somit ziemlich im Dunkeln. Da der Strom ausfiel, ging weder WLAN noch die Toilette, denn die war irgendwann voll. Nach und nach fingen die Leute an, nach vorne in den Bistro-Wagen zu laufen, um ihn leer zu kaufen. Schnell gab es nichts mehr zu kaufen.
Ich bin ab und an mit meinem Handy durchgekommen, so dass ich zumindest mal telefonieren und Oli Bescheid geben konnte. Es war schon komisch in einem Raum zu sein ohne Strom, Toilette, Essen und Trinken. Wir waren total abgeschnitten von der Außenwelt. Ganze 4 Stunden mussten wir letztendlich da drin warten. Dann kam ein Zug neben uns gefahren und wir stiegen über Behelfsbrücken in den anderen Zug. Und ja, dieser Zug ist nicht Richtung Hannover gefahren, sondern wieder nach Hamburg.
Es schlich sich die ganze Zeit der Gedanke ein, ob wir überhaupt noch nach Hause kommen. So verstrich wieder eine Stunde, bis wir in Hamburg waren. Dort angekommen ging es in den nächsten Zug, der uns nach Hannover bringen sollte. In diesem Zug hatten wir dann die Möglichkeit, wenigstens ein bisschen die Augen zu schließen. In Hannover kamen wir dann um 3.15 Uhr an. Und ja, um diese Uhrzeit fahren keine Züge mehr.
Also neues Rätsel: „Wie kommen wir nach Wolfsburg?“ Erstmal gingen wir zur Info, wie ganz viele andere auch, so dass sich schnell eine Schlange bildete. Tatsächlich organisierte die Bahn dann Taxis, die alle Leute nach Hause brachten. Leider stellte sich auch die Taxifahrt als reine Horrorfahrt dar. Denn anscheinend hat der Taxifahrer weder etwas von Blinker, noch von roten Ampeln oder Temposchildern gehört. So fuhr er, so schien es mir, wie er Lust hatte. Heißt: Über rote Ampeln kann man ja fahren und wenn 130 erlaubt ist, kann man ruhig mit 180 fahren. Warum auch nicht!? -.-
Ich war so am Ende, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Total panisch und nicht zu wissen, ob ich das überleben werde, übermüdet und hungrig. Im Taxi selbst sind mir dann irgendwann die Tränen gekommen. Ich wollte doch nur nach Hause… Tatsächlich bin ich um 6.00 Uhr morgens zu Hause angekommen.
Totale Bewahrung
Im Nachhinein sehe ich es so: Klar, ich kann mich total über eine 10-Stunden-Zug Fahrt ärgern, aber ich kann auch total dankbar sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist und Gott uns bei dem Sturm da draußen echt bewahrt hat. So lang ich nur warten muss und nicht irgendwo eingequetscht und verletzt bin, ist doch eigentlich alles gut!? Wir haben zwei super nette Leute kennengelernt, mit denen wir echt viel Zeit verbringen durften. Leider haben wir vergessen, Nummern auszutauschen. Ich hätte gern gewusst, wie deren Weiterreise noch verlaufen ist. Also wenn ihr Zwei das zufällig lesen solltet. Meldet euch. ;)
Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. (Psalm 91, 11)