Am Wochenende war ich auf einem Geburtstag. Ich hatte mich auf einen schönen Abend eingestellt. Mit Freunden feiern, etwas leckeres Essen und tolle Gespräche haben. Ich hatte mich auf Gemeinschaft und eine schöne Atmosphäre gefreut. Doch der Abend entwickelte sich komplett anders. Das ich an diesem Abend meinen Glauben infrage stellen würde, hätte ich nicht erwartet.
Eigentlich fing der Abend gut an. Ich hatte tolle Gespräche mit Leuten, die auch viel nach meinem Projekt gefragt haben. Das ist für mich wirklich was Besonderes. Denn normalerweise fragt in meinem Umkreis kaum einer nach meiner Arbeit. Deshalb freute ich mich sehr über das große Interesse.
Dadurch bekamen auch andere Menschen, die auf dieser Feier waren, mit was ich beruflich mache und gesellten sich dazu. Einige der Anwesenden kannte ich zuvor nicht. Mit der Zeit saß ich irgendwann mit zwei Personen zusammen, mit denen ich bestimmt zwei Stunden lang über viele unterschiedliche Themen diskutierte.
Es ging zum Beispiel um die Themen Gastfreundschaft, Gemeinde und Hauskreise. Ich unterhalte mich wirklich gerne mit Leuten über den Glauben und bin in der Regel ziemlich offen für solche Gespräche. Ich habe schon einige Menschen kennenlernen dürfen, die auch Christen sind, aber zu bestimmten Themen unterschiedliche Meinungen haben.
Das kennt ihr vielleicht auch? Vorallem bei so umstrittenen Themen, wie Groß- oder Kleintaufe können Christen sehr viel disktutieren, weil jeder eine andere Ansicht hat. Meiner Meinung nach ist das auch vollkommen in Ordnung. Ich versuche mein Gegenüber dennoch zu respektieren und lasse ihm seine Meinung. Damit bin ich bisher auch ganz gut verfahren.
Unterschiedliche Meinungen
An diesem Abend hatte auch jeder seine Meinung zu den genannten Themen und das ist meiner Meinung nach auch vollkommen okay. Was ich nicht in Ordnung finde, wenn jemand deine Meinung nicht akzeptiert und dir seine Meinung aufdrücken will. Vorallem wenn man dann noch mit Aussagen, um die Ecke kommt, wie: „Meine Meinung ist richtig und wenn du das nicht glaubst, lebst du nicht nach der Wahrheit. Dann handelst du nicht so, wie es in der Bibel steht!“.
Uff! Ich möchte euch mal ein Beispiel aus dem Gespräch geben, wie das ungefähr aussah (es handelt sich hier nicht um den genauen Wortlaut):
Ich: Gastfreundschaft ist für mich wichtig. Ich möchte, dass sich die Menschen bei uns wohlfühlen. Ich finde es nur schade, wenn Leute das nicht sehen und es für selbstverständlich sehen, wenn sie ihr Lieblingsgetränk und Essen bekommen und nicht „Danke“ sagen können.
Person A: Aber dann nutzen dich diese Menschen doch aus!
Person B: Dann musst du diesen Menschen sagen, dass dich das stört und dich belastet.
Ich: Sehe ich nicht so. Meiner Meinung nach proviziere ich dadurch einen Streit. Wenn mein Gast gerne Cola trinkt, ich davon aber nichts halte, muss ich dem das doch nicht die ganze Zeit auf die Nase binden. Zumal mich das nicht belastet. Ich finde es nur schade, wenn es nicht geschätzt wird.
Person A: Wir sollen unsere Geschwister aber im Glauben ermahnen und wenn du das nicht tust, lebst du nicht nach der Wahrheit.
Person B: Wichtig ist, dass du sagst, dass dein Gast lieber Wasser trinken soll und wenn er das nicht tut, musst du ihn raus schmeißen.
Ich: Nein, dass hat für mich nichts mit Nächstenliebe zu tun. Nur weil ich einer anderen Meinung bin, als mein Gegenüber, schmeiße ich ihn doch nicht raus!?
Person A: Aber deine Pflicht ist es sie zu ermahnen und wenn sie nicht umkehren, dann musst du den jenigen aus deinem Leben schmeißen. Hör auf weiter mit dem Kontakt zu haben!
Ich: Ähhm nein! Ja, wenn sich jemandem vom Glauben abwendet, dann kann ich ihn gern ermahnen. Aber es ist seine Entscheidung, was er daraus macht. Nur Gott kann Menschen verändern. Es ist nicht meine Aufgabe jemanden zu verändern. Ich glaube nicht, dass es Gottes Wille ist, Menschen aus unseren Leben zu verbannen, nur weil wir eine andere Meinung haben.
So ähnlich hat sich das ganze abgespielt und das Gespräch hat sich gefühlt tausend mal im Kreis gedreht. Mit den anderen Themen lief es ähnlich ab. Ich war irgendwann so fertig und ausgelaugt und habe mich gefragt, in welchem Film ich eigentlich gerade bin. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden und meinen Glauben komplett hinterfragt.
Ist meine Ansicht wirklich so falsch? Ich konnte mir das einfach nicht erklären, warum ich jemanden aus meinem Leben verstoßen soll, nur weil ich eine andere Meinung als mein Gegenüber habe!? Habe ich die Bibel falsch verstanden?
Ich war emotional komplett aufgelöst und musste erstmal ins Bad, wo mir ein paar Tränen kamen. Ich war so aufgewühlt und fühlte mich als hätte mich grad jemand mit einem Messer durchlöchert. Meine komplette Grundlage und mein Gottesbild wurden von jetzt auf gleich in Frage gestellt. Ich habe des öfteren im Gespräch versucht herauszufinden auf welche Bibelstellen die beiden sich berufen, aber darauf konnten sie mir keine Antwort geben.
Ich konnte einfach nicht länger auf der Geburtstagsfeier bleiben. Es tat mir leid für das Geburtstagskind, aber ich war emotional komplett aufgelöst. So ging ich zu meinem Mann und bat ihn darum, dass wir nach Hause fahren. Zu Hause angekommen, gingen wir spazieren und ich erzählte ihm, was ich erlebt habe.
Er versuchte mich wieder aufzubauen, mich zu ermutigen und mich in meinen Aussagen zu bestärken. Bei unserem Gespräch stellte ich fest, dass es so gut gewesen wäre, wenn ich ein paar Bibelstellen parat gehabt hätte, um meine Aussagen zu begründen. Aber das konnte ich nicht. Da wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, fundiertes Bibelwissen aufzubauen, Bibelverse auswendig zu lernen oder zumindest zu wissen, wo was steht.
Ein paar Tage noch fühlte ich mich schwach und verletzt. Ich dachte viel über das Gespräch nach. Oli gab mir den Tipp, Bibelstellen zu suchen, die diese Themen behandeln. Aber dazu kam ich gar nicht mehr, als folgendes passierte:
Der Hauskreis
Aus unserem Hauskreis beschäftigte sich jemand unter der Woche mit dem Thema Sabbat. Er hatte einige Fragen dazu, die er in unsere Whatsapp Gruppe schrieb. Diese versuchten wir anderen zu beantworten. Nun trafen wir wir uns wieder zum Hauskreis. Wir machten unser Thema und waren relativ schnell damit durch, weil es zu diesem Text keine Fragen gab.
Also fragte ich, ob denn die Fragen zum Thema Sabbat unter der Woche geklärt werden konnten oder ob es da noch Redebedarf gab? So kamen wir über die 10 Gebote im Alten Testament zu den 2 Geboten aus dem neuen Testament. Ihr merkt schon wie weit ich ausholen muss, damit ihr den Zusammenhang verstehen könnt…
Wir sind dann also über gefühlt tausend Umwegen auf diesen Vers gestoßen:
Er antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst« (Lukas 10, 27)
Dieser Vers hat mich so ermutigt und bestärkt. Wir sollen unseren Nächsten lieben! Ich muss nicht jemanden verstoßen, nur weil wir unterschiedlicher Meinung sind. Vielmehr sollte ich meinem Gegenüber in Liebe begegnen. Ich hatte so das Gefühl, dass Gott grad ganz klar und deutlich zu mir spricht.
Dann wurde mir bewusst, wie krass das gerade ist. Wäre das Thema Sabbat bei meinem Hauskreiskompane nicht aufgekommen, wären wir nicht darüber ins Gespräch gekommen und wären nicht auf diese Stelle gestoßen, die mir wiederrum in meinen ganzen Zweifel und meiner ganz persönlichen Story total geholfen hat. Ich mein, wie krass „zufällig“ kann das schon sein?
Nun fühle ich mich wieder besser, habe aber auch einiges gelernt aus dieser Geschichte und hoffe, dass mich sowas nicht noch einmal so schnell aus der Bahn wirft. Eine Sache nehme ich mir auf jedenfall mit:
Prüft aber alles und das Gute behaltet. (1.Thessalonicher 5,21)
Egal, welche Meinung dir jemand aufdrücken will, prüfe das erstmal anhand der Bibel, was richtig oder falsch ist, bevor du diese Meinung annimmst! Ich denke, ich bin jetzt wieder ein Stück stärker geworden und werde das Nächste mal wohl anders mit so einer Aktion umgehen können. Ich hoffe, ich konnte dich mit meiner Geschichte ermutigen und hoffe, dass du etwas mitnehmen konntest.
Kommentare zu: Ich stelle meinen Glauben infrage!
Ich bin in dieser Diskussion voll bei dir Gina. Neben dem Gebot der Nächstenliebe heißt es in Matthäus 7.1 zum Beispiel auch: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Oder ähnlich in Lukas 6.37 Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet.
Es zählt zur Nächstenliebe eine tolle Gastfreundschaft zu bieten ohne die Erwartung auf eine Gegenleistung zu stellen. Klar kannst du demjenigen sagen, dass er sein Verhalten vielleicht überdenkt, aber keinesfalls darüber urteilen, denn dann stellst du dich ja als etwas Höheres dar.
Schön, dass Gott dir die passende Antwort gesendet und dich in deinem Denken bestärkt hat.
Hey Philipp,
Danke für dein Feedback. Freut mich, dass du es ähnlich siehst. Cool, dass dir noch ein paar Bibelstellen eingefallen sind, die meine Gedanken unterstützen. Das bestärkt mich nochmal umso mehr. =)
Unfassbar! Diese Selbstgerechtigkeit dieser Personen ist unerträglich.
Es hätte von Großmut gezeugt, wenn diese zwei Mitchristen andere und deren Meinungen stehen lassen können. Dass Dich das so mitnimmt, zeigt nur wer von Euch 3 Gesprächspartnern als einziges Empathie zeigt.
By the way, ich finde es immer „schwierig“, um es mal nett zu formulieren, wenn andere ihre Meinung und ihren Glauben als die einzige Wahrheit ansehen. Lass Dich nicht entmutigen!
Danke Björn. Kann dich verstehen, finde sowas auch ziemlich „schwierig“. =)
Danke, dass du uns so mit reinnimmst!
Danke, dass Du auch schwache Momente teilst. Das ist so authentisch, ermutigend und wohltuend!
Balsam für die Seele, wenn man selber schonmal gezweifelt/hinterfragt hat.
Sehr gerne, Saskia. Danke dir für dein so liebes Feedback. <3
Liebe Gina,
ich finde es super das du kontinuierlich dabei bist und immer noch den Mut hast so offen und ehrlich über dich zu schreiben. Ist auch ein wichtiges Thema was immer wieder zu Spaltungen führt. Egal ob der andere Recht hat oder wir, es geht um Liebe und nicht um Rechthaberei
Römer 14:13 NGU2011
Hören wir darum auf, einander zu verurteilen! Statt den Bruder oder die Schwester zu richten, prüft euer eigenes Verhalten, und achtet darauf, alles zu vermeiden, was ihnen ein Hindernis in den Weg legen und sie zu Fall bringen könnte.
Danke Arne. Ich versuche halt immer wieder, dass weiterzugeben, was ich in meinem Glauben gelernt habe. Ich glaube, dass ist auch wichtig, weil ich denke das Gott dadurch so viel bewegen kann. =)